Dr. Christian Gersch
Während meines Familienurlaubs beim Abendessen im Restaurant, saß ich an einem großen Tisch, meine Kinder löffelten fröhlich vor sich hin, und ich plauderte mit anderen Reisenden über und gesunde Ernährung.
Wenn mich jemand nach danach fragt, ob ich nicht vielleicht einen ganz generellen Ernährungsrat hätte, dann erzähle ich gerne von den eher unkonventionellen Positionen aus meinem Buch.
Ich bin niedergelassener Privatarzt mit Fokus auf Langlebigkeitsmedizin, und wer neu zu uns in die Praxis kommt, erhält mein »Patienten-Handbuch«, in dem sich die Empfehlungen befinden, die ich zum Anfang den Menschen mit auf den Weg gebe.
Beispielsweise rate ich dazu, täglich nicht mehr als 1 g Omega-6-Fettsäuren und 0,5 g Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen.
Ich erzählte meinem Tischnachbarn, dass es hierbei nicht bloß um Theorie und Studien ginge, vielmehr könnte ich Patienten auch durch Bluttests zeigen, welche positive Wirkung eine Reduktion des Konsums an mehrfach ungesättigten Omega-Fettsäuren auf ihren Körper habe.
Interessiert fragte er nach, ob man das auch im »großen Blutbild« sehe? So eines mache sein Hausarzt von Zeit zu Zeit, und es sei immer großartig.
An diesem Abend erkannte ich schlagartig, dass Menschen oft ein »großes Blutbild« als umfassender Labortest »verkauft« wird.
Ich erklärte meinem Gesprächspartner, dass für Aussagen über im Körper ranzig werdende Fette ganz spezielle Bluttests notwendig seien, die in einem »großen Blutbild« leider nicht enthalten wären. Man müsste da schon einen Spezialtest auf beispielsweise oxidiertes Cholesterin machen.
Er war ehrlich überrascht.
Deshalb möchte ich Ihnen kurz vorstellen, was ein großes Blutbild eigentlich ist...
...und weshalb ich es so gut wie nie bestimme:
Ein »Blutbild« schaut sich faktisch nur drei verschiedene Arten von Zellen an:
- die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) – diese machen ca. 43 % des Bluts aus
- die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und
- die Blutplättchen (Thrombozyten), die zusammen etwa 2 % des Bluts ausmachen.
Handelt es sich um ein »kleines« Blutbild, dann wird nur die Zahl dieser Zellen bestimmt sowie zusätzlich die Konzentration, Größe und Zusammensetzung der Erythrozyten.
Ein kleines Blutbild wird mit etwa vier Euro berechnet, und man erfährt daraus, ob (und ggf. welche) Blutarmut vorliegt, ob eine Entzündung bestehen könnte und ob der Blutgerinnung einer ihrer zentralen Bausteine in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Ich bestimme es oft und gerne (wie alle anderen Ärzte und Krankenhäuser auch), weil ich darüber viele grundlegende Informationen über den Gesundheitszustand eines Patienten erhalte, ohne ihm bzw. seiner Versicherung viel Kosten zu produzieren.
Ein »großes« Blutbild ist grundsätzlich das gleiche wie ein »kleines« Blutbild, nur, dass zusätzlich bestimmt wird, was für Arten von Leukozyten in der Blutprobe zu finden sind. Die weißen Blutkörperchen werden dazu in fünf Unterarten ausdifferenziert (basophile, eosinophile und neutrophile Granulozyten sowie Lymphozyten und Monozyten) und es werden ihre Menge sowie der Reifegrad der neutrophilen Granulozyten (voll ausgebildet oder Vorstufen aus dem Knochenmark?) gemessen.
Man sollte es nur bestimmen, wenn man einer bereits im kleinen Blutbild aufgefallenen Entzündung (Allergie? Virusinfekt? Bakterielle Infektion?), einer Fehlfunktion des Immunsystems oder Blutkrebs auf der Spur ist.
Diese Frage stellt sich aber nur selten.
Eigentlich alle anderen Bluttests zielen auf die Bestimmung von Werten im »Blutserum«, dem zu rund 55 % zellfreien Teil des Bluts).
Das Problem ist, dass ein großes Blutbild lediglich etwa einen Euro mehr kostet als ein kleines Blutbild kostet, und entsprechend auch nicht sehr viel mehr aussagt – aber der Begriff klingt so viel besser.
Im Vergleich kostet der von mir angesprochene Test auf oxidiertes Cholesterin rund das fünffache, und eine Bestimmung der Arten der Omega-Fettsäuren im Blut beinahe das zehnfache.
Solche Kosten wird das Laborbudget eines Kassenarztes oft kaum zulassen, zudem bieten viele Labore solche Untersuchungen deshalb auch gar nicht an. Denn sonst müssten teure Testmaterialien vorgehalten und nach Ablauf ggf. ungenutzt entsorgt werden. Nur wenige Speziallabore halten diese Untersuchungen vor. Dabei sind diese Tests aber je nach Fragestellung wirklich aussagekräftig.
Wenn bei einem »großen Blutbild« alles in Ordnung ist, dann dürfen Sie selbstverständlich aufatmen, wenn die Befürchtung im Raum stand, Sie könnten eine Leukämie - Blutkrebs - haben. Aber in anderen Fällen - gerade bei unspezifischen Gesundheitsstörungen oder einem Leistungsknick - war ein großes Blutbild weder indiziert, noch sagt es etwas Sinnvolles aus.
Auch andere gängige Tests - etwa der Checkup der gesetzlichen Krankenkassen - bestimmt nur wenige Werte im Blutserum, wie etwa Gesamtcholesterin sowie die Menge zweier Lipoproteine (»Non-HDL- und LDL-Cholesterin«), die Triglyceride und den Blutzuckerwert. Alleine beim »Cholesterin« sind auch zahlreiche weitere, teils deutlich aussagekräftiger Tests möglich, die aber gesondert angefordert werden müssten. Der Checkup ist keineswegs schlecht – bleibt aber nur ein grobes Screening, bei dem vieles nie getestet wird.
Ich möchte gerne klarstellen, dass Ärzte keine Provisionen, Kick-back-Zahlungen oder ähnliches für eingeschicktes »Fremdlabor« erhalten. Das wäre mittlerweile sogar eine Straftat. Auch wenn ich oft Labortests im Wert von mehreren hundert Euro machen lasse, die die Laborfirma meinen Patientinnen bzw. Patienten direkt in Rechnung stellt, das einzige, was ich zurückbekomme, ist der schriftliche Befund (und – zugegeben – eine wirklich zuvorkommende Kundenbetreuung). Lediglich das »Basislabor«, zu dem das Blutbild zählt, sowie ggf. vor Ort erfolgte Tests kann ein Arzt direkt mit dem Patienten abrechnen. Es stimmt also nicht, dass vermehrte Bluttests Geldmacherei auf Kosten der Patienten oder Versicherungen sei.
Der wirkliche Unterschied sind übrigens auch nicht die Kosten
- es ist die Zeit.
Denn es dauert natürlich viel kürzer, einem Patienten zu sagen, dass in seinem großen Blutbild »alles bestens« sei, als ihm genau darzulegen, dass die gemessene Zusammensetzung der Blutfette alles andere als gut ist und eine Ernährungsumstellung nur dringend empfohlen werden kann, selbst wenn die typsichen Cholesterinwerte vielleicht noch »normal« aussehen, und man die Probleme nur in Spezialtestes sieht.
Doch der Aufwand, solche Labortests zu veranlassen, und sie dann auch entsprechend zu erklären, kann viel wert sein. Mitunter macht der den Unterschied zwischen einem frühen Herzinfarkt und einem glücklichen, gesunden und langen Leben.
"PRAKTISCH ALLE MEINE PATIENTEN WURDEN DANK LEKTINARMER, -FREIER ERNÄHRUNG NACHWEISLICH GESUND.
IHRE ENTZÜNDUNGSWERTE FIELEN UNTER DIE NACHWEISGRENZE.
DR.MED. CHRISTIAN GERSCH
LANGLEBIGKEITSMEDIZINER
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